In unserer Gesellschaft haben wir uns weit vom Fühlen entfernt. Wir haben uns von unseren Gefühlen abgetrennt und sind in den Kopf geflüchtet.
Das viele, mitunter zwanghafte Denken verhindert jegliches Fühlen und ein bewusstes Wahrnehmen dessen, was gerade in unserem Körper passiert. Einige Menschen können Gefühle und Körperempfindungen gar nicht mehr wahrnehmen. Sie registrieren allenfalls, ob sie sich gerade gut oder schlecht, müde oder energievoll fühlen. Empfindungen im Körper werden gewohnheitsmäßig ignoriert oder mit Schmerzmitteln bekämpft.
Doch wir zahlen einen hohen Preis dafür, wenn wir unsere Gefühle nicht fühlen und zwanghaft im Kopf aktiv sind. Nicht zuletzt erzeugen wir durch unseren Widerstand gegen das Fühlen genau das, was wir eigentlich verhindern wollen: unnötiges Leiden.
In diesem Artikel
- Der Preis des Nicht-Fühlen-Wollens
- Im Zeitalter der Sucht
- Wie uns Fühlen befreit
- Der Widerstand gegen das Fühlen
- Warum fällt es uns so schwer, Gefühle zuzulassen?
- Innere Heilung und Integration durch das Zulassen der Gefühle
- Unser tiefes Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit
- Wieder Fühlen lernen: Praktische Übung
- Gefühle zulassen als Partnerübung
- Vertraue dem Prozess
- Gefühle zulassen, wenn du nichts fühlen kannst
- Fazit
Der Preis des Nicht-Fühlen-Wollens
Dieses Verhalten ist nachvollziehbar. Wer hat schon Lust auf unangenehme Gefühle? Als Menschen versuchen wir stets, Leid zu verhindern und Lust zu maximieren.
Doch wir zahlen einen sehr hohen Preis dafür, wenn wir unseren Gefühlen permanent ausweichen. Letztendlich verpassen wir dadurch unser Leben.
Denn solange wir im Widerstand zu unseren Gefühlen sind, können wir nicht im gegenwärtigen Moment leben, weil wir dann mit den Gefühlen, die jetzt gerade da sind, in Kontakt kämen. Doch das Leben findet immer Jetzt statt. Wenn wir nicht im gegenwärtigen Moment leben, können wir keine höheren Bewusstseinsebenen, tiefen inneren Frieden, wahrhaftige Glückseligkeit und pure Lebendigkeit erfahren.
Wenn wir uns permanent von unseren Gefühlen abschneiden, verlieren wir auch den Kontakt zu unserem wahren authentischen Selbst und unserer Lebensaufgabe. Unsere Seele kommuniziert über Gefühle mit uns. Sie zeigt uns, was sich für uns stimmig, wahrhaftig und richtig anfühlt und was nicht. Wenn wir nicht fühlen, verlieren wir den Draht zu diesem tiefem innerem Wissen und unserem wahren Selbst. Das Leben fühlt sich dann leer uns sinnlos an.
Außerdem können wir Gefühle nicht selektiv unterdrücken. Wenn wir das vermeintlich Unangenehme nicht fühlen, können wir auch keine angenehmen Gefühle mehr erfahren. Irgendwann fühlen wir gar nichts mehr. Das nennt man Depression, wovon mittlerweile fast ein Fünftel aller Menschen im Alter von 15 bis 44 Jahren weltweit betroffen sind. Depression ist die psychische Krankheit unserer Zeit und ein direktes Ergebnis des Nicht-Fühlen-Wollens.
Im Zeitalter der Sucht
Ständiges, mitunter zwanghaftes Denken ist an sich schon ein riesiges Problem, weil wir dadurch unser Leben verpassen. Doch es ist bei weitem nicht die einzige Konsequenz unserer meist unbewussten Gefühls-Verweigerung.
Je öfter und routinierter wir unsere Gefühle verdrängen, desto heftiger und stärker kehren sie zurück. Gefühle wollen gefühlt werden und wenn wir uns diesem natürlichen Fluss des Lebens verweigern, wird diese Energie in uns immer größer und mächtiger. Wir halten sie unbewusst in unserem System fest, anstatt sie fließen zu lassen.
Solange wir die sanften Impulse unserer Seele ignorieren, hat sie gar keine andere Wahl als lauter zu sprechen und die Intensität der Gefühle zu erhöhen. In letzter Konsequenz entstehen körperliche Symptome und Krankheiten aus der angestauten, ungefühlten Energie in unserem Inneren. Das wird sehr gut in dem Dokumentar-Film E-motion thematisiert.
Doch die meisten Menschen haben auch für sehr intensive, starke Gefühle Strategien entwickelt, um diese nicht fühlen zu müssen. Wenn die Flucht in den Kopf allein nicht mehr ausreicht, um die gerade präsenten Gefühle zu ignorieren und zu verdrängen, greifen wir zu immer stärkeren Mitteln und Methoden. Für die meisten von uns sind das Suchtmittel aller Art, egal ob es stoffgebundene Süchte wie Alkohol, Drogen, übermäßiges Essen, Medikamente oder Nikotin sind oder prozessgebundene Süchte wie die Sucht nach Arbeit, Glücksspiel, Pornographie, Sex, Sport, Shoppen, Reisen und so vieles mehr.
Um welche Sucht auch immer es sich handelt, wir brauchen das Suchtmittel, um unangenehme Gefühle nicht fühlen zu müssen und uns künstlich positive Gefühle zu verschaffen, zu denen wir sonst kaum noch Zugang haben.

Doch auch diese Strategie hat langfristig natürlich keine Aussicht auf Erfolg und erzeugt nur noch mehr Probleme in unserem Leben. Die unangenehmen Gefühle kehren mit immer größerer Intensität zurück und unsere Fähigkeit, angenehme Gefühle ohne das Suchtmittel unserer Wahl zu fühlen, sinkt beständig. Daher müssen wir die Dosis immer weiter erhöhen, was je nach Destruktivität der gewählten Droge zerstörerisch wirken kann.
Geschätzt 95 Prozent der Menschen in unserer Gesellschaft sind von irgendetwas abhängig, egal ob es gesellschaftlich anerkannte Süchte sind wie die Sucht nach Koffein, Arbeit und in gewissem Umfang auch Alkohol oder kriminalisierte Süchte wie illegale Drogen.
Manche Menschen zerstören durch diese Süchte ihren Körper, ihre Beziehungen und ihr Leben. Das alles nur, um nicht fühlen zu müssen.
Mehr zu dem Thema erfährst du hier: Die wahre Ursache von Sucht und Abhängigkeit
Gefühle zulassen: Wie uns Fühlen befreit
Dabei würde uns das Zulassen der Gefühle beinahe augenblicklich befreien. Wenn wir uns unseren schmerzhaftesten Emotionen stellen und Gefühle zulassen, anstatt vor ihnen wegzulaufen, kann sich die Energie transformieren und aus unserem System befreien.
Jeder, der sich schon einmal einer schmerzhaften Emotion gestellt hat, anstatt vor ihr davonzulaufen, weiß, dass sie sich verwandelt, sobald wir sie zulassen, annehmen und durchfühlen.
Das bedeutet, der Emotion mit unvoreingenommener Neugier zu begegnen, anstatt sie, wenn auch nur unbewusst, abzulehnen.
Es bedeutet, sich dem, was sich jetzt gerade in diesem Moment zeigt und in dir lebendig ist, zu öffnen und es bedingungslos zu spüren.
Dazu müssen wir den Kopf ausschalten und genau hin spüren, wie sich die Emotion exakt im Körper zeigt und wie sie sich anfühlt.
Wo in deinem Körper spürst du etwas? Was spürst du dort? Wie fühlt sich das genau an?
Das alles gilt es wahrzunehmen und neugierig zu beobachten, anstatt darüber nachzudenken.
Das klingt simpel, doch es ist für die meisten von uns unfassbar schwer, weil wir vollkommen anders konditioniert sind und über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte etwas vollkommen anderes gelebt haben.

Der Widerstand gegen das Fühlen
Eines der Geheimnisse des Fühlens ist, dass wir nie aufgrund der unangenehmen Emotion leiden, sondern immer aufgrund unseres Widerstands gegen das Fühlen der Emotion.
Wenn du einmal genau hinschaust, wirst du feststellen, dass nicht die Emotion an sich wirklich schmerzhaft ist, sondern vielmehr die Gedanken, die du dir darüber erzählst und die Bedeutung, die du diesen Gedanken zuschreibst.
Unbewusst glauben wir oft: Wenn ich dieses Gefühl zulasse, werde ich von ihm verschluckt und nie wieder ich selbst sein. Oder: Das zu fühlen bedeutet, das etwas grundsätzlich falsch mit mir ist. Wenn ich es zulasse, werde ich von allen verlassen und für immer allein sein.
Es können individuell ganz unterschiedliche Glaubenssätze sein, die hinter dem Nicht-Fühlen-Wollen stecken. Sie sind in unserer frühsten Kindheit entstanden und in der Regel vollkommen unbewusst. Es ist unglaublich hilfreich, sich diese vollkommen irrationalen Glaubenssätze, die hinter dem Widerstand gegen das Fühlen stecken, einmal bewusst zu machen und sie aufzulösen, zum Beispiel mit den vier kraftvollen Fragen von Byron Katie:
- Ist dieser Gedanke wahr?
- Kann ich hundertprozentig sicher sein, dass er wahr ist?
- Wer bin ich und wie fühle ich mich, wenn ich diesen Gedanken glaube?
- Wer bin ich und wie fühle ich mich, wenn ich diesen Gedanken loslasse?
Gefühle zulassen: Warum fällt uns das so schwer?
Das Fühlen aller Emotionen ist so unglaublich schwer, weil wir vollkommen anders programmiert wurden. Die ersten sieben bis acht Lebensjahre prägen unser Denken und Verhalten enorm. In dieser Phase wird die Software auf unserer Festplatte installiert, die – wenn wir uns dessen nicht irgendwann bewusst werden – den Rest unseres Lebens bestimmt.
Alles, was wir in dieser entscheidenden Phase über das Leben, uns selbst und eben auch unsere Gefühle lernen, bestimmt unser weiteres Leben. Es sind tief sitzende Glaubensmuster und Überzeugungen, die wir für die Realität halten und die wir nur durch viel Bewusstheit auflösen können.
Da es in unserer derzeitigen Gesellschaft kaum Menschen gibt, die einen bewussten, konstruktiven Umgang mit ihren Gefühlen gelernt haben, geschweige denn leben, hatten wir alle in unserer Kindheit kein Vorbild dafür. Oft wurden wir für unsere negativen Emotionen mit Liebesentzug und Ablehnung bestraft.
Kaum ein Kind bekommt von seinen Bezugspersonen die Botschaft: Es ist völlig okay, wenn du wütend, traurig oder ängstlich bist. Ich liebe dich bedingungslos, egal wie du dich gerade fühlst. Ich bleibe bei dir und unterstütze dich dabei, deine Wut, deiner Trauer, Enttäuschung, Angst oder Scham zu fühlen.
In der Regel wurden wir für bestimmte Gefühle abgelehnt. Welche das genau sind, kann je nach Familie, kulturellem Hintergrund oder auch Geschlecht des Kindes ganz unterschiedlich sein. In manchen Familien ist es in Ordnung, traurig zu sein, aber niemals wütend. Mitunter ist es für Jungs in Ordnung wütend zu sein, aber niemals traurig. Mädchen dürfen dagegen traurig sein, aber nicht wütend. Manche Elternteile können die positiven Emotionen ihrer Kinder kaum ertragen und strafen sie mit Liebesentzug, sobald sie Gefühle wie unbändige Freude und pure Lebenslust zum Ausdruck bringen.
Die allermeisten Menschen erhalten in ihrer Kindheit auf die eine oder andere Art die Botschaft: Wenn du bestimmte Gefühle fühlst und diese auch noch ausdrückst, bist du nicht okay und hast keine Liebe verdient. Dann wirst du verlassen.
Für Kinder ist eine solche Botschaft, auch wenn sie nicht ausgesprochen wird, sondern nur spürbar ist, lebensbedrohlich. Schließlich hängt ihr Überleben von der Liebe und Zuwendung ihrer Bezugspersonen ab. Außerdem sind sie natürlich nicht in der Lage dazu, mit diesen heftigen Emotionen selbst fertig zu werden. Wenn sie damit alleingelassen werden, müssen sie einen Weg finden, die Emotionen von sich abzuspalten und aus dem Bewusstsein zu verdrängen. Genau das macht unsere Psyche, sonst würden wir dieses emotionale Verlassenwerden nicht überleben.
Auch später sind wir dann nicht in der Lage, diese Gefühle zuzulassen und zu fühlen. Unbewusst verbinden wir mit ihnen unsere frühsten, schlimmsten und schmerzhaftesten Verlassenheits-Erfahrungen. Es ist unsere Urwunde, mit der bestimmte innere Anteile um keinen Preis in Berührung kommen wollen, weil sie sie für lebensbedrohlich halten.

Gefühle zulassen: Innere Heilung und Integration
Doch alles Unbewusste strebt nach Integration. Deshalb holen uns diese verdrängten und abgespaltenen Gefühle irgendwann ein und wollen wieder in unser System integriert werden. Aus den Tiefen des Unbewussten klopfen sie an die Tür unseres Bewusstseins.
Doch anstatt ihnen die Tür zu öffnen und wieder ein vollständiger Menschen zu werden, unternehmen wir immer mehr Anstrengungen, die Tür möglichst luftdicht verschlossen zu halten und nehmen dafür in Kauf, einen immer größeren Berg an Problemen, Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten in unserem Leben anzuhäufen.
Unterbewusst sind wir fest überzeugt: Wenn ich diese Gefühle zulasse, werde ich verlassen / sterben / niemals glücklich sein. Unsere inneren Schutzmechanismen versuchen weiterhin mit allen Mitteln zu verhindern, mit diesen Gefühlen und der darunter liegenden Urwunde der Verlassenheit in Kontakt zu kommen.
Doch hinter der Tür ins Unbewusste wartet niemand Geringeres als wir selbst auf uns. Erst durch die Wiedervereinigung mit diesen verdrängten Gefühlen werden wir wieder zu einem vollständigem Wesen und unserem wahren, authentischen Selbst. Ohne diese verletzlichen inneren Anteile ist unsere Persönlichkeit ein einziger Fake, eine durch die Bedingungen in unserer Kindheit geprägte, willkürliche Zusammensetzung bestimmter Verhaltensweisen und Eigenschaften, die uns im Laufe des Heranwachsens die meiste Liebe von unseren Bezugspersonen einbrachten. Dieser vermeintlich Schutz bietende Avatar ist das Ego – unser falsches Selbst.
Unser tiefes Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit
Auch wenn es vielen nicht bewusst ist: Das Bedürfnis nach Nähe und tiefer Verbundenheit ist auch im erwachsenen Alter eines unserer wichtigsten Grundbedürfnisse. Wir tun unbewusst alles dafür, um dieses Bedürfnis zu sichern. Für die allermeisten bedeutet das aufgrund unserer frühen Lebenserfahrungen, bestimmte Gefühle nicht zuzulassen und zu fühlen.
Doch paradoxerweise führt das genau dazu, dass wahre Nähe und Intimität nicht möglich ist. Denn wenn wir nicht mit unseren Gefühlen verbunden sind, sind wir nicht im Kontakt mit uns selbst. Ohne diese tiefen, inneren Kontakt zu uns selbst, allen inneren Anteilen und den damit verbundenen Gefühlen, ist auch kein echter Kontakt zu anderen Menschen möglich.
Unserer Persönlichkeit ist ein einziger Fake. Wir sind nicht authentisch, selbst wenn wir uns um Authentizität und Ehrlichkeit bemühen, weil wir nicht in Kontakt mit unseren verletzlichen inneren Anteilen sind.
Alles, was wir anderen zeigen, ist unsere Fake-Persona, die bis hierher unser Überleben gesichert hat. Das ist eine große Leistung und wir dürfen diesen Anteilen unseres Selbst wirklich dankbar sein und wertschätzen, was sie für uns geleistet haben. Doch ein tiefes Gefühl der Verbundenheit, wahrer menschlicher Nähe und echter Intimität werden sie uns nicht ermöglichen. Dazu müssen wir wieder in Kontakt mit unserer tiefsten Verletzlichkeit kommen, die hinter unseren schmerzhaftesten Gefühlen liegt.
Solange wir uns diesem Prozess verweigern, werden wir uns einsam fühlen, egal wie viele Menschen uns umgeben. Mehr dazu erfährst du in diesem Artikel: Die wahre Ursache von Einsamkeit.
Online-Kurs: Heile das Kind in dir
Ganz egal wie alt du bist, in dir lebt das Kind, das du einmal warst. Das innere Kind steht symbolisch für alle im Gehirn gespeicherten Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der Kindheit, wovon die meisten unbewusst sind. Es ist eine Metapher dafür, dass jede Psyche stark von der eigenen Kindheit geprägt ist.
Kaum etwas ist so heilsam wie der Kontakt zu deinem inneren Kind. Wenn du dich um die alten Wunden kümmerst, findest du deinen Weg zurück zu tiefer Selbstliebe, Gelassenheit, innerer und äußerer Verbundenheit, Lebensfreude, Authentizität und einem Leben in der Fülle. Wenn du dagegen nicht im Kontakt bist, erlebst du innere und äußere Einsamkeit, sabotierst dich immer wieder selbst und hast Schwierigkeiten, erfüllende Beziehungen zu führen. Die Heilung des innere Kindes habe ich als die Lösung so gut wie aller meiner Probleme erfahren dürfen.
Diese wertvollen Erfahrungen und mein gesamtes Wissen um die Heilung des inneren Kindes gebe ich in diesem Kurs weiter. Komm mit auf eine 30-tägige Reise zurück zu deinem wahren Selbst und einem erfüllten, authentischen Leben. Erkenne deinen wahren Wert, lerne mit herausfordernden Situationen und Emotionen umzugehen und begegne dir selbst auf liebevolle Weise. In diesem Kurs lernst du unter anderem, dich selbst mehr zu lieben und besser zu verstehen, dir deine Bedürfnisse zu erfüllen, gesündere Beziehungen zu führen, dem Alltagsstress gelassener zu begegnen und vieles mehr…
Hier findest du alle Infos zum 30-tägigen Kurs sowie meine Coaching-Angebote:
Wieder Fühlen lernen: Praktische Übung
Doch egal wie sehr du die große Bedeutung unserer Gefühle und des Fühlens intellektuell begreifst, das einzige, was wirklich hilft, ist die praktische Anwendung dieses Wissens. Das ist ein längerer Prozess, der viel Geduld und Mitgefühl uns selbst gegenüber erfordert. Es ist eben nicht so leicht, wie es sich manchmal anhört. Doch es ist das Lohnenswerteste, was du machen kannst und du kannst sofort damit beginnen.
Es ist meiner Meinung nach nicht zu hochgegriffen zu behaupten, dass wir unser Leiden hier und heute beenden und alle unsere Probleme lösen können, wenn wir endlich unsere Gefühle zulassen und sie bewusst fühlen, anstatt uns im Kopf eine schmerzhafte Geschichte darüber zu erzählen.
Ich möchte dich dazu einladen, die Gefühle, die du bislang verdrängt hast, als Weckruf zu begreifen.
Anstatt wie gewohnt vor ihnen davon zu laufen, dreh dich einmal um und laufe ihnen direkt in die Arme.
Wenn du ein unangenehmes Gefühl wahrnimmst, lass dich darauf ein, es nur dieses eine Mal zu erforschen. Nimm wahr und beobachte, was genau in deinem Körper passiert, wenn du dieses Gefühl hast.
Erforsche das Gefühl mit der größten Neugier, Offenheit und Unvoreingenommenheit.
In welchem Körperteil spürst du es am meisten?
Atme sanft und weich in diesen Bereich deines Körpers.
Wie fühlt es sich genau an?
Mit welchen Körperempfindungen ist dieses Gefühl verbunden?
Wenn dieses Gefühl eine Farbe wäre, welche wäre es?
Welche Textur passt am ehesten zu dem Gefühl? Ist es vielleicht metallig, klebrig, zäh, weich, samtig, schwer, krisselig, schmierig, mürbe, stachelig, elektrisch, glatt, fransig?
Taucht ein bestimmtes Bild vor deinem geistigen Auge auf, während du die Emotion fühlst? Siehst du vielleicht eine bestimmte Landschaft, eine Form, einen Menschen oder eine Szene aus deiner Vergangenheit?
Egal, was dir dein Inneres zeigt, vertraue darauf, dass es einen Zusammenhang zu deiner aktuellen Emotion gibt.
Vielleicht ist da auch ein Geruch, der plötzlich auftaucht oder der zu dem Gefühl passt.
Erforsche das Gefühl mit allen Sinnen wie ein neugieriges Kind, das dieses Gefühl kennenlernen möchte und ihm vollkommen neutral gegenüber steht. Versuche auch einen allgemeinen Namen für das Gefühle zu finden.
Ist es vielleicht Wut, Scham, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Einsamkeit, Verlassenheit, Ohnmacht? Welches Wort beschreibt das Gefühl am besten?
Ein Gefühl zu benennen kann unglaublich kraftvoll sein und ihm sehr viel seiner Macht und Größe nehmen. Vielleicht fällt es dir anfangs schwer, einen passenden Namen zu finden. Da wir keinen gesunden Umgang mit unseren Gefühlen gelernt haben, fehlt uns nicht nur eine differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit, sondern auch das Vokabular.
Deshalb kann es anfangs hilfreich sein, eine Liste mit Gefühlen zur Hilfe zu nehmen und darauf nach dem Gefühl zu suchen, das deinen momentanen Gemütszustand am besten beschreibt. Diese Liste ist sehr hilfreich und detailliert. Mitunter ist es auch sehr kraftvoll, eigene Wörter zu erfinden, die das Gefühl beschreiben.
Mit der Zeit lernst du, die feinen Nuancen deiner Gefühlswelt immer genauer wahrzunehmen und zu unterscheiden. Studien haben gezeigt, dass Menschen mit einem hohen emotionalen Wortschatz ihre Gefühle besser regulieren können.

Gefühle zulassen: Was braucht das Gefühl von dir?
Abschließend kannst du dir noch die sehr kraftvolle Frage stellen: Was braucht dieses Gefühl von mir?
Das ist eine ganz intuitive Frage. Vertraue darauf, dass der erste Impuls, der auftaucht, genau der richtige ist.
Vielleicht möchte sich das Gefühl einmal komplett in deinem Körper ausbreiten und ganz dasein dürfen. Vielleicht möchte es mit Liebe und Mitgefühl wahrgenommen werden. Vielleicht möchte es von dir umarmt werden. Vielleicht möchte es einen bestimmten Satz von dir hören. Vielleicht zeigt es sich in Form eines inneren Kindes, das einen ganz bestimmten Wunsch hat. In deiner Phantasie existieren keine Grenzen, du kannst diesem Kind jeden erdenklichen Wunsch erfüllen.
Vertraue deiner inneren Führung, die dir das Richtige zeigt, wenn du dich bedingungslos und unvoreingenommen auf deine Gefühle einlässt.
Gefühle zulassen als Partnerübung
Es kann sehr hilfreich und heilsam sein, diese Übung gemeinsam mit einem vertrauten Menschen zu machen. Das Schlimmste an jeder traumatischen Erfahrung ist, dass wir mit den intensiven, qualvollen Emotionen allein gelassen wurden. Deshalb kann der Kontakt zu einem lieben Menschen, während wir unsere schmerzhaftesten Emotionen fühlen, extrem heilsam sein.
Dein Partner oder Partnerin kann dir beispielsweise die oben genannten Fragen stellen. Du kannst ihm oder ihr dann genau beschreiben, was gerade in deinem Körper passiert und wie sich das genau anfühlt. Dein Partner oder Partnerin kann dein Empfinden spiegeln, indem er oder sie exakt wiederholt, was du ausgedrückt hast. Je nachdem wie vertraut ihr miteinander seid, kann auch Körperkontakt hilfreich und heilsam sein, wenn es sich in dem Moment richtig und stimmig für beide anfühlt.
Gern kann ich dich auch bei diesem Prozess in einer Skype Session oder persönlich in Berlin unterstützen. Melde dich dazu gern per E-Mail bei mir.

Vertraue dem Prozess
Diese Übung hilft dir dabei, wieder in Kontakt mit deinen Gefühlen zu kommen, anstatt sie gewohnheitsmäßig zu unterdrücken. Das ist ein Prozess, der Jahre dauern kann. Jedes einzelne Mal, wenn es dir gelingt deine Gefühle zuzulassen und ein bisschen mehr zu fühlen, ist ein riesiger Erfolg, auf den du unglaublich stolz sein kannst. Denn du handelst hier gegen eine sehr tiefe Programmierung, die viel zu lange schon von Generation zu Generation weitergegeben wird und ganz tief in unseren Körpern und Nervensystemen verankert ist.
Vielleicht sind es am Anfang nur zwei Minuten, in denen du das unangenehme Gefühl einmal ganz dasein lässt, es fühlst und erforschst. Vielleicht greifst du danach doch wieder zu einer Strategie, um das Gefühl zu unterdrücken. Auch das ist in Ordnung. Du hast dieses Verhalten von Kindesbeinen an gelernt, es über Jahre so gelebt und wirst es wahrscheinlich nicht über Nacht ablegen.
Vielleicht werden die Zeiträume, in denen du ein Gefühl bewusst fühlen und neugierig erforschen kannst, mit der Zeit immer länger. Irgendwann wirst du deine Unterdrückungs-Mechanismen und Vermeidungsstrategien wie die Flucht in den Kopf oder etwaige Suchtmittel nicht mehr brauchen, weil du dich so bedingungslos deinen Gefühlen hingeben kannst, dass sie sich beinahe augenblicklich transformieren.
Gefühle zulassen: Wenn du nichts fühlen kannst
Wenn du Probleme damit hast, Gefühle überhaupt wahrzunehmen und als solche zu identifizieren, beginne damit über den Tag verteilt immer wieder für kurze Zeit in deinen Körper zu spüren und wahrzunehmen, was gerade in dir lebendig ist.
Scanne deinen Körper von unten nach oben und nimm wahr, wo im Körper du etwas spürst. Ist da vielleicht ein Zwicken im großen Zeh, ein Ziehen in der Wade, ein Druck im Bauch, ein Stechen in der Brust, ein Kribbeln in den Händen, ein Kloß im Hals, Spannung im Gesicht?
Kannst du es einmal ganz bewusst wahrnehmen und dasein lassen? Wenn du magst kannst du der Empfindung auch ein Hallo schicken und innerlich sagen: Ja, du bist da. Ich sehe dich und ich nehme dich wahr. Du darfst jetzt einmal ganz da sein. Ich bleibe bei dir.
Du kannst diesen Scan zu festen Zeiten während des Tages machen, zum Beispiel direkt nach dem Aufwachen im Bett, auf dem Weg zur Arbeit, kurz bevor du die Arbeit beginnst, vor der Mittagspause, vor dem Feierabend etc. Ein bis zwei Minuten mindestens dreimal täglich sind völlig ausreichend und hocheffektiv, wenn du über einen längeren Zeitraum (mindestens 21 Tage) dran bleibst. Alternativ kannst du dich auch über einen Handy-Alarm oder ein anderes äußeres Signal immer wieder ans Fühlen erinnern.
Wenn du wirklich gar nichts spürst, dann ist auch dieses Nichts etwas, das du bewusst wahrnehmen und erforschen kannst. Wie genau fühlt sich dieses Nichts an? Woher weißt du, dass es Nichts ist? Gibt es vielleicht einen Bereich in deinem Körper, indem du das Nichts am deutlichsten spürst? Gibt es eine Farbe, eine Form, ein inneres Bild
Fazit
Was einen gesunden Umgang mit unseren Emotionen und Kontakt zu unseren Gefühlen betrifft, stehen wir als Menschheit ganz am Anfang von dem, was möglich ist. Die allerwenigsten haben einen gesunden, konstruktiven Umgang mit ihren Emotionen gelernt und es gibt in unserer derzeitigen Gesellschaft kaum Vorbilder dafür. Von der Tiefe, die im Kontakt zu uns selbst und in zwischenmenschlichen Beziehungen möglich ist, haben wir allenfalls einen blassen Schimmer.
Davon nehme ich mich selbst nicht aus. Denn das ist ein Prozess, der auch für mich nicht leicht und lange nicht abgeschlossen ist. Vielleicht ist das Fühlen die Essenz unseres Lebens und wir werden bis zum Schluss kein Ziel erreichen, sondern dürfen den Prozess genießen und – wenn wir es wollen und zulassen – immer tiefer eintauchen in die wundervolle Welt des bewussten, bejahenden Fühlens.
Wenn wir wieder im Kontakt mit unseren Gefühlen sind, haben wir auch wieder Zugang zu etwas das unter diesen Gefühlen liegt, quasi eine Schicht tiefer im Bewusstsein. Das ist etwas, dass wir unser wahres Selbst nennen können. Dieses Selbst weiß in jedem Moment, was gut, richtig und stimmig für uns ist, was im Einklang mit unserem ganz persönlichem, authentischem Weg und unsere Lebensaufgabe ist. Die Verbindung zu deinen Gefühlen ist der erste wichtige Schritt, um dir deine Intuition und damit dein ganz persönliches inneres Navigationssystem zurückzuerobern. Erfahre hier mehr dazu.
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